Andreas Rebers – enttäuschendes Kabarett für Doofe

 24. November 2018 •  Ekkart •  enttäuschung, kabarett, rebers •  ToDo

Vor drei oder vier Jahren hatten wir schon einmal Karten für Andreas Rebers, ich war leider erkältet und konnte nicht hin. Daher ging I allein und kam begeistert zurück: Rebers erfand eine eigene Religion – es muss fantastisch gewesen sein.

Jetzt bot sich die Gelegenheit wieder, ihn zu sehen, also nicht lange gezögert und zugegriffen.

Was für ein sexistischer, rückwärtsgewandter, menschenverachtender Dreck, der auf unterstem Niveau “Probleme” anprangerte und einfachste Lösungen bereithielt. Wir waren nicht nur über Rebers enttäuscht, sondern auch über das Publikum, das offensichtlich nur darauf wartete, schenkelklopfend unterhalten zu werden und immer “so isses” rufen zu können.

Wir hatten überlegt, ob wir zur Pause gehen, aber ich hatte irgendwie noch die Hoffnung, dass Rebers zur zweiten Hälfte oder am Ende des Programms herauskommt und allen den Spiegel vorhält, worüber sie jetzt gelacht haben. Das war ein Fehler. Er meinte das alles ernst.

Bevor ich zum Inhalt komme, bei dem ich sicher schon die Hälfte wieder vergessen habe: ich hab mir die Inhalte nicht ausgedacht. Was ich schreibe, hat Rebers so gesagt und auch so gemeint. Keine ironische Brechung, kein Spielen mit Charakteren.

Worum geht es? Rebers möchte der politischen Mitte wieder Mut machen, in dem er sie zum Misstrauen aufruft. Vertrauen ist schlecht, nur Misstrauen ist gut.

Ein Problem sind zum Beispiel die Frauen. Die waren schon für die Erbsünde verantwortlich (nochmal der Hinweis: das meint der Ernst!) Und jetzt wollen sie eine Quote. Da können wir auch Stotterer die Verkehrsnachrichten vorlesen lassen. Oder Autisten als Tatortkommissare einsetzen.

Und überhaupt Frauen. Er hat als Nachbarin eine alleinerziehende Frau im Haus, Vegetarierin und Radfahrerin. (Das war der Brüller überhaupt. Vegetarierin – Bruhaha. Und Radfahrerin – der Saal konnte sich vor Lachen kaum halten. So ein gemeines, mieses Lachen – Ihr kennt das sicher.) Was hat ihm die Frau getan? Nun: vor allem drei Dinge:

  1. sie fährt Rad mit Helm. Das ist so schlimm, dass sich Herr Rebers in seinem Diesel auf Radstreifen stellen will, damit der Terror gegen Autofahrer endlich aufhört. In Amsterdam tragen die Leute keinen Helm – also ist doch klar, dass die Frau bekloppt ist und kein Hirn hat.
  2. sie möchte gerne Frieden haben Das ist so blöd, da fehlen die Worte. Sie denkt doch tatsächlich, dass Deutschland mit Rüstungsexporten aufhören könnte. Oder sich für Frieden einsetzen. Und benutzt statt “Deutschland” doch tatsächlich “wir”.Da ist nicht Herr Rebers mit gemeint, die Rüstung, das sind die Firmen, da hat Deutschland und insbesondere Herr Rebers nichts mit zu tun.
  3. sie möchte gerne, dass ein Kabarettist Haltung zeigt Das ist das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Denn sie will damit den Faschismus einführen, “Haltung” ist etwas Militärisches, dass direkt mit “Führer” zu tun hat.Ergo: Haltung = FaschismusUnd außerdem, wenn Herr Rebers auf der Bühne sagt, dass er den Syrienkrieg nicht gut findet, dann wird das die Kriegsparteien nicht stören. Also braucht er es nicht zu sagen und die Frau ist blöd, weil sie das erwartet. Sie hat doch einen Kopf, der ist rund, damit man Sachen von mehreren Seiten betrachten kann (das hat schon Dieter Hildebrandt gesagt). Aber sie hat ja sowieso kein Hirn, das haben wir schon festgestellt, weil sie Radfahrerin ist.

(Hab ich schon erwähnt, dass ich mir das ehrlich nicht ausdenke?)

Diesel. Herr Rebers besitzt einen und fand erstaunliche Schimpfworte gegen Dieselfahrverbote, die ja nichts bringen. Dabei hat er festgestellt, dass er den Rechtsstaat ablehnt, ja, dass der Rechtsstaat das größte Problem in Deutschland ist.

Gleichberechtigung: Gleichberechtigung ist, wenn man “respektvoll die Ungleichheit anerkennt”. Das bedeutet: man sollte sich endlich wieder über dumme und behinderte Menschen lustig machen. Das war früher so schön, wenn der Dorftrottel beim Krippenspiel “Melchior” nicht sagen konnte und alle haben gelacht und dann hat er einen Schnaps gekriegt und das war gut. Und seine Schwester ist auch behindert und die hat auch einen Schnaps gekriegt und war immer lustig und das war gut.

Außerdem sollte man sich endlich wieder über dicke Kinder lustig machen wie früher. Die hat man ins Tor gestellt und 100 Bälle drauf geschossen, alle haben gelacht und das war gut.

Wo wir grad bei Kindern sind: Erziehung sollte verstärkt auf Prügel setzen. Den Kindern eine schallern, das ist richtig und gut. Und wenn es fremde Kinder sind, sollte man ihnen auflauern und sie zusammenschlagen (oder zusammenschlagen lassen).

Nicht ausgedacht, so gesagt und so gemeint.

Ach ja: die AfD. Die ist schlimm, Nazis auch. Aber man muss auch mal unbequeme Wahrheiten aussprechen können. Und das war nicht erlaubt und deswegen gibt es die AfD. Und das ist ein ostdeutsches Problem, denn die AfD-Wähler heißen Ronny und Chantal und Maik und …

Religion – die Buddhisten machen es richtig, die Bibel auch, der Islam eigentlich auch. Aber Religion ist auch schlimm. Und dann wieder gut. Ehrlich – das mit der Religion ist mir komplett undurchschaubar geblieben.

Dann noch ein paar Zoten übers Fremdgehen, über Legastheniker, dann hatten wir es fast hinter uns.

Dann kam die Zugabe und plötzlich wurde es gut, ein Lied über einen Schlachter und industrielle Tierhaltung und ein Abschlussinstrumental. Da war zu erahnen, was der Abend hätte werden können – etwas hintergründig, etwas albern aber gut. Ich vermute, das ist vor der Vereinfachung der Gedanken geschrieben worde, als Herr Rebers noch das Nachdenken, Überlegen und “von mehreren Seiten betrachten” betrieben hatte.

So haben wir einen sehr schwer erträglichen Abend hinter uns gebracht. Im Nachhinein hätte wir nach der Pause gehen sollen, denn es wurde noch  schlimmer, aber ich hatte noch Hoffnung und hinterher ist man schlauer.

Das Programm war voller übler Schimpfworte und das fand Rebers auch niveaulos und dazu steht er. Das hat mich nicht gestört, die Niveaulosigkeit war in den Gedanken, nicht in der Sprache.

Wenn das die Gedanken der “Mitte” sind, dann ist das erschreckend. Denn die sind flach. Da sind keine Argumente oder Ideen, das ist nur nach unten treten, “früher war alles besser” und “wir nehmen sowieso zu viel Rücksicht”. Das aber nicht irgendwie im Ansatz begründet, sondern einfach in den Raum gestellt. Da kann man auch nicht gegen oder für argumentieren, denn dafür bräuchte es Argumente.

Dem Publikum hat’s gereicht. Denn ihm wurde Absolution für die niedrigsten, gemeinsten Ideen gegeben, Probleme sind von anderen gemacht und “wir” können da sowieso nichts machen.

Dabei auch noch Dieter Hildebrandt zu erwähnen – schlimm. Der Hildebrandt, den ich noch kenne, der hätte das Programm in der Luft zerrissen. Aber der hatte ja auch noch Haltung, war also ein Faschist.

Was ist das mit alten Männern, bevorzugt weiß, die sich plötzlich verfolgt fühlen und in ihre kleine, enge, vermoderte Welt zurückwollen, in der alles noch einfach ist – Frauen in der Küche, Behinderte zur Belustigung da, Kinder zum Schlagen.